Kommunikation im Internet

Anhand der Kommunikationstheorie
von Paul Watzlawick


verfasst von Shila Rastizadeh

Unter Kommunikation versteht man die Vermittlung, Aufnahme und den Austausch von Informationen. Dies geschieht zwischen zwei oder mehreren Personen. Soziale Interaktion bezeichnet man als das wechselseitig aufeinander bezogene Verhalten zwischen Menschen, das Geschehen zwischen Personen, die agieren und wechselseitig aufeinander reagieren. So beeinflussen und steuern sie sich gegenseitig. Kommunikation ist für den Menschen essentiell, wir brauchen sie zur Herstellung von Beziehung und Bedürfnisbefriedigungen. Dazu gehören Liebe, Beachtung und Gerechtigkeit.

Der in Österreich geborene Paul Watzlawick, war ein Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Soziologe, Philosoph und Autor. In Deutschland wurde er vor allem wegen seiner Kommunikationstheorie und dem radikalen Konstruktivismus bekannt. Paul Watzlawick hat die Kommunikation aus 5 verschiedenen Blickwinkeln analysiert, die 5 Axiome der Kommunikation. Diese Axiome beziehen sich auch auf die digitale Kommunikation, ob positiv oder negativ muss jeder für sich entscheiden.



1. Axiom

Das erste Axiom beschäftigt sich mit der Aussage; Man kann nicht, nicht kommunizieren. In einer sozialen Situation wird immer kommuniziert. Es muss nichts gesagt werden, um zu kommunizieren, auch Verhaltensweisen oder das Nicht-Reagieren übermitteln eine Botschaft. Die erfolgreiche Kommunikation, anhand des ersten Axioms, setzt das Annehmen und das Bewusstsein des kommunizierens voraus. Ignorieren, Abweisung oder einseitige Beendigung oder Stoppung einer Kommunikation kann zu Missverständnissen führen. Dieses Phänomen erleben wir immer häufiger, seit die Kommunikation überwiegend digitalisiert wurde.

Person A, mit ca. 594 Facebook-Freunden, teilt einen Beitrag über Facebook, nur fünf Freunde reagieren darauf. Person A geht davon aus, dass alle 594 Freunde ihren Post gelesen haben und fühlt sich abgewiesen, da weniger als 1% Ihrer Freunde mit ihr kommunizieren. Viele definieren ihr Selbstwertgefühl über die Anzahl der Likes im Netz. Person A vergisst dabei, dass 589 Freunde den Post entweder nicht gelesen haben, oder sich nicht angesprochen gefühlt haben bzw. gar nicht wissen, dass mit ihnen kommuniziert wurde. Die widerwillige Annahme, oder das ignorieren einer Kommunikation kann zu gestörter Kommunikation führen. In der digitalen Welt bekommen wir selten sofortige Rückmeldung von unserem Gesprächspartner, da ein Medium verwendet wird, so wie ein Smartphone oder Tablet. Das kann zu enormen Irriationen führen.

2. Axiom


Axiom Nummer zwei besagt, dass jede Kommunikation eine Beziehungs- und eine Inhaltsebene hat. Die sachliche Ebene besteht aus Wörtern, Zahlen und Fakten und macht 20% der Kommunikation aus. Die restlichen 80% macht die Beziehungsebene aus, welche Gefühle, Stimmung, Empfindung, Gestik, Mimik und Tonfall beinhaltet. Die sachliche Ebene wird von der Beziehungsebene beeinflusst.
Laut des zweiten Axioms sind die Einigkeit auf der Sachebene und der Beziehungsebene bzw. Klarheit, Voraussetzungen für eine gelungene Kommunikation. Unklarheit in der Beziehung oder Vernachlässigung einer Beziehung führt meist dazu, dass auf der Inhaltsebene, die Beziehung die tragende Rolle spielt. Das Selbe gilt auch umgekehrt.


In der digitalen Welt spricht man oft mehrere Menschen mit einem Beitrag an, somit kann ein kleiner Beitrag an Wertigkeit gewinnen. Eine Instagram Userin, die einen tierfreundlichen Account mit 70 Tausend Followern hat, bekommt Hasskommentare, da sie ein Foto von einem Rock aus Fellimitat hochgeladen hat. Sachebene: Ich trage einen Rock aus Fellimitat.
Beziehungsebene: Die tierfreundliche Instagramerin trägt Fell und ist nicht mehr authentisch. Die Unklarheit und der Mangel an Information zwischen den Parteien löst ein Missverständnis aus. Die Uneinigkeit auf der Sachebene wird also auf die Beziehungsebene übertragen.




3. Axiom

In einem Kommunikationsablauf ist das Verhalten des Einzelnen sowohl Reaktion auf das Verhalten des Anderen, gleichzeitig aber auch Reiz und Verstärkung für das Verhalten des Anderen. Kommunikation hat kein Anfang und kein Ende, es ist ein Kreislauf. Ursache und Wirkung werden subjektiv bzw. unterschiedlich festgelegt. Der Output des Anderen wird als Reaktion auf das eigene Verhalten gesehen. Auf einer Website klickt Person B auf die Werbung, die rechts im Fenster angezeigt wird. Person B ist der Meinung, dass sie den Ersten Schritt gemacht hat. Da die Werbung jedoch personalisiert ist, bedeutet es, dass die Werbung mit Person B in Kontakt getreten ist. Die Werbung wurde zuvor aber aus den Suchergebnissen von Person B konfiguriert. Es ist also Hoffnungslos einen Anfang und ein Ende zu finden.




4. Axiom



Im vierten Axiom spricht man über digitale und analoge Kommunikation. Der digitale Teil beinhaltet die Information, also Wörter, Zahlen und Fakten. Der analoge Teil beinhaltet Gefühle, Stimmungen, Empfindungen, Gestik, Mimik und Tonfall. Man kann auch sagen, dass Kommunikation verbal und nonverbal erfolgt. Das Verbale steuern wir bewusst, das Nonverbale aber meistens nicht. Da 80% der Gewichtung unserer Kommunikation auf dem Nonverbalen liegt, ist das meistens der Teil, der die Wahrheit überträgt. Kommunikation, die nur digital erfolgt, wird nur auf der Sachebene wahrgenommen und übermittelt so, nur 20% der Botschaft



Somit ist es vorprogrammiert, dass wir beim verbalen Austausch im Internet immer wieder auf Missverständnisse stoßen. Person C schreibt über WhatsApp eine Nachricht an ihre Freundin mit der sie sich zuvor gestritten hatte. Sie fragt ob sie noch sauer sei. Die Freundin antwortet mit einem kurzen: „Nein.“.



Die digitale Ebene dieses Gesprächs ist ein eindeutig ein „Nein“, unklar ist jedoch ob es tatsächlich wahr ist, da keine Körpersprache, Mimik, Tonlage oder ähnliches übermittelt wird. Wenn analoge und digitale Elemente mehrdeutig, unklar, oder falsch sind führt das zu gestörter Kommunikation. Analoge und digitale Elemente können in der Intention nicht übereinstimmen, bzw. nicht deckungsgleich sein. Die Nutzung von Emoticons (Emotion + Icon) und Emojis soll die Diskrepanz zwischen digital und analog etwas verkleinern.



5. Axiom


Das fünfte Axiom besagt, dass Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe entweder symmetrisch oder komplementär sind. Beziehungen zwischen Interaktionspartnern beruhen entweder auf Gleichheit oder auf Unterschiedlichkeit. Ein Gespräch kann auf Augenhöhe (symmetrisch) ablaufen, hier bemühen sich die Gesprächspartner Ungleichheiten zu minimieren und versuchen ein Gleichgewicht zu erlangen. Oder aber das Gespräch verläuft im Lehrer-Schüler-Modus und die Gesprächspartner versuchen sich zu ergänzen indem bei einem Gesprächspartner mehr Information oder Macht besteht. Das soll aber nicht heissen, dass einer klüger oder dümmer ist, dieser Vorgang kann sich zum Beispiel in einer Beziehung abwechseln. So kann Erfahrung und Information geteilt werden. Die Kommunikation kann gestört werden, wenn die Symmetrie des Gesprächs unterschiedlich wahrgenommen wird, oder die Symmetrie zwanghaft hervorgerufen wird.

Angenommen Person D sieht das Profil einer damaligen sehr engen Freundin, die auf ihrem Profil sehr erfolgreich wirkt. Person D sieht diese Person immer noch als gleichgesinnte und versuchst zwanghaft Ihren persönlichen Erfolg im Netz darzustellen, damit die Symmetrie wieder hergestellt wird. Diese Art von Störung kann einen Wettkampfähnlichen Charakter entwickeln, oder genau das Gegenteil bewirken. Junge oder labile Menschen, die vielleicht noch nicht viel Lebenserfahrung haben, eifern Idealen nach, die höchstwahrscheinlich nicht real sind. Dieses Verhalten kann zu psychischen Störungen führen und verändert den Bezug zur Realität. Ob die alte Schulfreundin tatsächlich so erfolgreich ist, wie sie im Internet scheint, kann man über den Bildschirm schwierig einschätzen.

Die Störung auf der komplementären Ebene entsteht, wenn eine Partei mehr Macht hat und Nutzen aus der Abhängigkeit des Anderen zieht. Wie zum Beispiel das Akzeptieren der AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen). In den meisten Fällen erklären wir uns bereit sämtliche private Daten in die Hände großer Konzerne zu legen, um eine App oder eine Internetseite nutzen zu dürfen.

Ungestörte Kommunikation zwischen Menschen, in der realen Umgebung ist schon schwierig genug. Im Internet fehlen viele Teile einer Botschaft, was zu Missverständnissen, Irritationen und Unsicherheit führen kann.




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